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BGH: Bewertung einer „halben Immobilie“ im Pflichtteilsrecht

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Der Pflichtteil sichert den nächsten Angehörigen eine Mindestbeteiligung am Nachlass. Wie viel aber war der Nachlass zur Zeit des Erbfalls wert? Dies zu bestimmen ist besonders schwierig, wenn der Erblasser nur Miteigentümer eines Nachlassgegenstandes war. In der erbrechtlichen Praxis wird deshalb ein deutlicher Abschlag bei der Verkehrswertbestimmung des Nachlasses vorgenommen. Dahinter steckt die Überlegung, dass halbe Miteigentumsanteile unter marktwirtschaftlichen Bedingungen in der Regel kaum verwertbar sind.

Der Bundesgerichtshof hat sich zu dieser Problematik nun in seinem Urteil vom 13.05.2015 (Az. IV ZR 138/14) geäußert und entschieden, dass ein Abschlag nicht gerechtfertigt ist, wenn der bisherige Miteigentümer einer Immobilie zu 1/2 mit dem Erbfall eine weitere ideelle Hälfte erhält und damit Alleineigentümer wird. Eine Verwertung des Miteigentums sei bei dieser Sachlage problemlos möglich.

Kommentar: Der Bundesgerichtshof stärkt mit dieser Entscheidung das Recht des Pflichtteilsberechtigten. Die Frage, ob und ggf. in welcher Höhe Abschläge hinzunehmen sind, wenn kein Alleineigentum entsteht, lässt das Gericht allerdings offen. Gemäß § 2311 Abs. 2 Satz 1 BGB ist dies von dem jeweils zur Entscheidung berufenen Gericht  zu schätzen; dazu sind die vorhandenen Informationen vom Kläger gründlich aufzubereiten. Eine bestimmte Methode zur Ermittlung des Wertes eines Nachlassgegenstandes (eine Immobilie, ein Unternehmen, Kunstgegenstände) schreibt das Gesetz nicht vor.

BGH zur Verjährung des Anspruches auf den Pflichtteil

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Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 16.01.2013 (Aktenzeichen: Az. IV ZR 232/12) entschieden, dass die Verjährungsfristen für den Anspruch auf den Pflichtteil nicht neu zu laufen beginnt, wenn der Pflichtteilsberechtigte von einem neuen Nachlassgegenstand (z.B. einer Immobilie) erfährt.

In dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall stritten zwei Schwestern um den Pflichtteil nach dem im Jahr 2003 verstorbenen Vater.

Die Beklagte hatte zunächst ein notarielles Nachlassverzeichnis erstellt, auf dessen Grundlage die Klägerin einen Betrag in Höhe von 1.402,78 € geltend machte. Im Jahr 2009 tauchte dann ein Grundstück auf, das bei der Berechnung des Pflichtteils unberücksichtigt geblieben war.

Die Klägerin verlangte nun, im Jahre 2009 noch ihren restlichen Pflichtteil an dem Grundstück zu bekommen.

Die Beklagte konnte sich mit Erfolg auf die Einrede der Verjährung berufen. Der BGH urteilte sinngemäß, dass irgendwann Schluss sein müsse. Die derzeit geltenden einheitlichen Fristen (Beginn der 3-jährigen Verjährung mit Kenntnis von Erbfall und Testament bzw. einer Schenkung; Verjährungshöchstfristen bei fehlender Kenntnis) seien ausreichend und sachgerecht, um eine „Abwicklung des Pflichtteilsanspruchs in überschaubarer Zeit“ hinzubekommen.

Etwas anderes soll in dem (seltenen) Fall gelten, dass infolge einer gesetzlichen Neuregelung rückwirkend Ansprüche geschaffen wurden, die in den Nachlass fallen.

Zu den weiteren Einzelheiten berate ich Sie gerne.

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