Erbrecht in Schweden (Sverige)

I. Deutsches oder schwedisches Erbrecht?

Welches Recht gilt bei Erbfällen, die einen Bezug zu Deutschland und zu Schweden haben?

Dies richtet sich, wenn der Erbfall nach dem 16. August 2015 eingetreten ist, nach Art. 21 Abs. 1 EU-Erbrechtsverordnung Nr. 650/2012 und dem

                              letzten gewöhnlichen Aufenthalt

des Erblassers an, der im Einzelfall schwierig zu bestimmen sein kann (siehe etwa die Entscheidung Kammergericht, Beschluss vom 26. April 2016 zum Az. 1 AR 8/16, dort Randnummern 12 ff.).

Der Erblasser kann dann nach Art.  22 EU-Erbrechtsverordnung  eine Rechtswahl zugunsten des Erbrechts seiner Staatsangehörigkeit treffen, wenn dieses Recht für ihn günstiger ist und besser zu seiner Nachfolgeplanung passt. Eine solche Rechtswahl kann auch stillschweigend („konkludent“) per Testament erfolgt sein.

Auch für einen Deutschen, der in seiner Wahlheimat Schweden verstorben ist, würde bei einer Rechtswahl deutsches Erbrecht gelten und das schwedische Gericht hätte dies zu beachten.

Die Rechtswahl hat allerdings keinen Einfluss auf die Frage, in welchen Ländern Erbschaftsteuern zu bezahlen sind.

Wichtig ist zudem:

Bei Erbfällen am oder vor dem 16. August 2015 richtet sich das Ergebnis nur nach dem „alten“,  nationalen Recht des jeweiligen Landes:

Nach schwedischem Recht (Gesetz 1937:81, IDL) und auch aus deutscher Sicht wird dabei ausschließlich auf das

                        Recht der Staatsangehörigkeit

des Erblassers abgestellt.

Das oben genannte Gesetz zum internationalen Erbrecht Schwedens 1937:81 (IDL) ist für die Mitgliedsstaaten des Nordischen Erbrechtsabkommens  (Dänemark, Finnland, Island, Norwegen und Schweden) nicht anwendbar.

Nach diesem Abkommen richtet sich das anwendbare Recht nicht nach der Staatsangehörigkeit, sondern – wie auch im Rahmen der neuen EU-Erbrechtsverordnung – nach dem Land, in dem sich zum Zeitpunkt des Todes der gewöhnliche Aufenthaltsort des Erblassers befand.

II. Einfluss des ehelichen Güterrechts:

Das vom Erbrecht unabhängige eheliche Güterrecht hat einen erheblichen Einfluss auf die wirtschaftliche Verteilung des Nachlasses.

Nach schwedischem Güterrecht bleibt zwar grundsätzlich jeder Ehegatte Eigentümer des Vermögens, das er vor der Eheschließung hatte und er wird auch Eigentümer des Vermögens, das er nach Eheschließung, beispielsweise durch Kauf oder eigene Arbeit, erwirbt.  Nur an Vermögen, das irgendwie zusammen erworben wird, entsteht Miteigentum.

Wird nun die Ehe durch den Tod eines Ehegatten aufgelöst, so greift das Institut des sog. „giftorätt“ ein, welches dem überlebenden Ehegatten ein Recht auf die gleiche Teilung des Vermögens des anderen Ehegatten einräumt, 7:1 Äktenskapsbalken (ÄktB, Ehegesetzbuch).

Mit Ausnahme des sog. Sondereigentums (enskild egendom) ist jegliches Vermögen der Ehegatten sog. giftorättsgods, also auch Eigentum, das dem verstorbenen Ehegatten bereits vor der Ehe gehörte. Das Gesamtvermögen beider Ehegatten wird dazu rechnerisch geeint und anschließend erhält der überlebende Ehegatte im Rahmen des güterrechtlichen Ausgleichs die Hälfte dieser Vermögensmasse.

Welches Sondereigentum (enskild egendom) von dieser Teilung ausnommen ist, wird in 7:2 ÄB geregelt. Genannt ist etwa Vermögen, das durch Ehevertrag (äktenskapsförord) zu Sondereigentum erklärt worden ist, oder Erbschaften, bei denen der Erblasser dies so verfügt hat.

III. Materielles Erbrecht:

1. Gesetzliche Erbfolge:

a) Hat der Erblasser kein Testament hinterlassen, greift die gesetzliche Erbfolge und bestimmt die zu Erben berufenen Personen. Die gesetzliche Erbfolge in Schweden unterscheidet sich deutlich von der deutschen Gestaltung, insbesondere im Hinblick auf das Erbrecht des Ehegatten.

Hinterlässt der Erblasser einen Ehegatten, fällt der Nachlass nach 3:1 Ärvadbalk (Erbgesetz) grundsätzlich an diesen.

Dem überlebenden Ehegatten steht die vollständige Erbschaft auch dann zu, wenn die Ehegatten gemeinsame Kinder haben. Gleichwohl ist das Erbrecht insoweit beschränkt, als dass den gemeinsamen Kindern ein aufgeschobenes Erbrecht hinsichtlich des Nachlasses zusteht. Das Erbe fällt bei ihnen – ähnlich der deutschen Vor- und Nacherbschaft – mit dem Tode des länger lebenden Ehegatten an.

Um der Familie das Vermögen zu erhalten, darf der überlebende Ehegatte das geerbte Vermögen zwar verbrauchen oder veräußern. Er darf aber nicht per Testament über dieses Eigentum verfügen.

Hinterlässt der Erblasser jedoch Kinder aus anderen Verbindungen, können diese Kinder ihren Erbteil sofort verlangen. Dem überlebenden Ehegatten steht dann mindestens ein Anspruch auf das Vierfache des allgemeinen und laufend angepassten sozialversicherungsrechtlichen Grundbetrages zu.

b) Darüber hinaus richtet sich die gesetzliche Erbfolge nach einem dem deutschen System entsprechenden Parentelsystem.

Hinterlässt der Erblasser Kinder, sind alle anderen Verwandten von der Erbfolge ausgeschlossen. Kinder erben zu gleichen Teilen, wobei das Erbrecht der Abkömmlinge durch das Erbrecht des überlebenden Ehegatten eingeschränkt sein kann.

Ist der Verstorbene nicht verheiratet und hinterlässt er keine Kinder, erben die Eltern des Erblassers zu gleichen Teilen.

2. Testament und Erbvertrag:

Die Formvorschriften zur Errichtung eines Testaments sind in Schweden deutlich strenger als in Deutschland.

Das Testament muss schriftlich, nicht notwendigerweise handschriftlich, verfasst und vom Erblasser unterzeichnet werden. Die Unterschrift des Erblassers muss allerdings in Anwesenheit zweier Zeugen vorgenommen oder bestätigt werden. Darüber hinaus müssen die Zeugen das Testament unterzeichnen.

Ein nach deutschen Regeln errichtetes Testament kann jedoch aufgrund

  • des schwedischen Gesetzes 1937:81 betreffend internationale Rechtsverhältnisse in Nachlasssachen (IDL),
  • von Art. 27 EU-Erbrechtsverodnung,
  • des Haager Testamentsabkommens

gültig sein, etwa wenn es in Deutschland errichtet worden ist oder der Testator Deutscher war.

Erbverträge sind in Schweden ungültig, Kapitel 17 § 3 Erbgesetz, soweit schwedisches Erbrecht Anwendung findet.

Bei Anwendung deutschen Erbrechts in Schweden sind deutsche Erbverträge hingegen wirksam, Art. 25 EU-Erbrechtsverordnung.

3. Pflichtteil:

Pflichtteilsberechtigt sind in Schweden ausschließlich Abkömmlinge des Erblassers, also Kinder, Enkel usw. Dem Ehegatten und den zum Zeitpunkt des Erbfalls noch lebenden Eltern steht anders als in Deutschland kein Pflichtteilsrecht zu. Dem Ehegatten verbleibt jedoch immer ein Anspruch auf das Vierfache des allgemeinen und laufend angepassten sozialversicherungsrechtlichen Grundbetrages.

Das Pflichtteilsrecht ist als sog. Noterbrecht ausgestaltet, so dass der Pflichtteilsberechtigte nicht nur einen schuldrechtlichen Anspruch hat, sondern dinglich am Nachlass zu beteiligen ist.

Zu beachten ist aber, dass das schwedische Noterbrecht der Verjährung unterliegt:

Der Anspruch auf Anpassung der Erbteile ist innerhalb von sechs Monaten nach Zustellung des Testaments gegenüber den testamentarischen Erben oder durch Klageerhebung geltend zu machen, Kap. 7 § 3 Abs. 3 ÄB.

Ein Pflichtteilsrecht des gemeinsamen Kindes bei gesetzlicher Erbfolge (Ehegatte = Alleinerbe und Vorerbe, Kind = Nacherbe) besteht nicht.

 4. Nachlassabwicklung:

Die Erben sind verpflichtet innerhalb von drei Monaten nach Anfall der Erbschaft ein Nachlassverzeichnis zu erstellen und dieses bei der zuständigen Steuerbehörde einzureichen. Bei Fällen mit Auslandsbezug kann diese Frist auf Antrag verlängert werden.

Der Ermittlung, was zum Nachlass gehört (boutredning), folgt in der Regel die Registrierung des Nachlassverzeichnisses durch die zuständige Steuerbehörde. Diese Registrierung dient als Erbschein.

Nachlassfeststellung und Erbauseinandersetzung (arvskifte) richten sich dann nach schwedischem Recht, wenn der Erblasser zum Zeitpunkt seines Todes in Schweden gewohnt hat (hemvist), schwedischer Staatsangehöriger war oder Eigentum in Schweden hinterlässt. Die Erben können jedoch verfügen, dass die Erbangelegenheit in das Heimatland des Erblassers verlegt wird.

 IV. Erbschaftssteuerrecht:

Seit dem 31. Dezember 2004 wurde die Erbschafts- und Schenkungssteuer in Schweden abgeschafft. Gleichwohl können ausländische Staatsbürger und schwedische Staatsangehörige mit Vermögen im Ausland der Erbschaftssteuer ihres Herkunftslandes oder des Belegenheitsortes des Vermögens unterliegen.

Das deutsch-schwedische Doppelbesteuerungsabkommen aus dem Jahr 1992 besteht weiterhin fort, sodass es in deutsch-schwedischen Erbfällen zur Anwendung kommt. Aus deutscher Sicht dient das Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung durch Anrechnung einer ggf. erhobenen schwedischen Steuer, aber nicht der Freistellung von der deutschen Erbschaftssteuer.

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