Erbrecht in Italien (diritto delle successioni)

und deutsch-italienische Erbfälle

 I. Welches Erbrecht gilt?

Bei Erbfällen mit Bezug zu Deutschland und Italien richtet sich das anzuwendende Erbrecht aus Sicht beider Länder nach der Staatsangehörigkeit des Erblassers, wenn der Erbfall vor dem 17. August 2015 eingetreten ist, Art. 25 Abs. 1 EGBGB alte Fassung und Art. 46 des italienischen IPRG.

Für etwas länger zurückliegende Erbfälle wird also das Erbrecht desjenigen Landes angewendet, dessen Staatsangehörigkeit der Erblasser zuletzt hatte.

Für Erbfälle am oder nach dem 17. August 2015 knüpfen beider Länder nach Art. 21 Abs. 1 EU-Erbrechtsverordnung Nr. 650/2012 nun an den

                              letzten gewöhnlichen Aufenthalt

des Erblassers an, der z.B. bei Berufspendlern im Einzelfall schwierig zu bestimmen sein kann (siehe etwa die Entscheidung Kammergericht, Beschluss vom 26. April 2016 zum Az. 1 AR 8/16).

Hinweis:

Der Erblasser kann nach Art.  22 EU-Erbrechtsverordnung  eine Rechtswahl zugunsten des Erbrechts seiner Staatsangehörigkeit treffen, wenn dieses Recht für ihn günstiger ist.

Diese Rechtswahl hat aber keinen Einfluss auf die Frage, in welchen Ländern Erbschaftsteuern zu bezahlen sind.

II. Einfluss des ehelichen Güterrechts (regime patrimoniale die coniugi)

Das eheliche Güterrecht in Italien (oder eine „italienische Ehe“ in Deutschland) können einen erheblichen Einfluss auf den Umfang des Nachlasses haben.

Nach italienischem Recht ist die Gütergemeinschaft in Form der Errungenschaftsgemeinschaft gesetzlicher Güterstand, Art. 177- 297 CC (Codice Civile).

In diesem Güterstand wird vereinfacht gesagt alles, was einer der Ehegatten während der Ehe erwirbt, gemeinschaftliches Eigentum beider Ehegatten.

Verstirbt also einer der Ehegatten und lebten die Ehegatten in einer „italienischen“ Ehe, so wird zunächst ein güterrechtlicher Vermögensausgleich vorgenommen.

Nach den Art. 177b, 177c CC erhält der überlebende Ehegatte im Rahmen dieses Vermögensausgleiches vorab z.B. die Hälfte der Ersparnisse des Erblassers.

Es gibt auch zahlreiche güterrechtliche Sonderregelungen.

Nach Art. 178 CC etwa erhält der Ehegatte die Hälfte eines eventuell bestehenden und vom Erblasser allein geführten Unternehmens, wenn dieses Unternehmen während der Ehe gegründet wurde.

 III. Materielles Erbrecht

Vom ehelichen Güterrecht, das die Zuordnung von Vermögen unter Ehegatten zu Lebzeiten regelt, ist das materielle Erbrecht zu unterscheiden. Hier kommt es durch den Erbfall zu einer Neuordnung des Vermögens.

Das italienische materielle Erbrecht ist in den Art. 456 ff. CC geregelt.

1. Gesetzliche Erbfolge (Succesione legittima)

Das italienische Erbrecht basiert ebenso wie das deutsche Recht auf dem Grundsatz der Universalsukzession, d.h. die gesamte Nachlassmasse geht als Einheit auf den oder die Erben über (anders als in Deutschland aber erst nach ausdrücklicher Annahme der Erbschaft).

Der Codice Civile bestimmt fünf Ordnungen von gesetzlichen Erben.

Erbberechtigt sind der Ehegatte des Erblassers, die ehelichen und nicht ehelichen Abkömmlinge, die Eltern und die Großeltern des Erblassers sowie Seitenverwandte und andere Verwandte – bis zum 6. Grad.

Die Ordnungen stehen in keinem festen Rangverhältnis zueinander. Gleichwohl schließen Abkömmlinge, also Kinder, Enkelkinder usw., andere Verwandte von der Erbschaft aus und erben zu gleichen Teilen.

Sind keine Abkömmlinge vorhanden, erben die Eltern und die Geschwister. Im Unterschied zum deutschen Recht erben diese Verwandten nebeneinander und nach „Köpfen“.

Der Ehegatte hat eine eigene Quote am Nachlass, die sich nach Anzahl und Verwandtschaftsgrad der weiteren Miterben richtet. Er oder sie erbt neben einem Kind die Hälfte des Nachlasses, neben mehreren Kindern ein Drittel und neben den Eltern, Großeltern und Geschwistern zwei Drittel des Nachlasses.

2. Gewillkürte Erbfolge (Successione testamentaria)

Nach romanischer Rechtstradition ist das Einzeltestament die einzig zulässige Verfügung von Todes wegen.

Gemeinschaftliche Testamente oder Erbverträge sind dem italienischen Recht fremd und damit ungültig, sofern sie nicht aufrgund der Bestimmungen der EU-Erbrechtsverordnung, dort Art. 25, hinzunehmen sind.

Zur Gültigkeit eines Testaments muss der Testator volljährig sein und das Testament eigenhändig (testamento olografo) oder notariell (testamento per atto di notaio) errichtet sein. Das notarielle Testament muss darüber hinaus in Anwesenheit zweier Zeugen errichtet werden und durch alle Beteiligten unterschrieben werden.

Fehlende Eigenhändigkeit oder eine fehlende Unterschrift führen zur Nichtigkeit des Testaments.

 3. Pflichtteilsrecht (Lei legittimari)

Errichtet der Erblasser eine letztwillige Verfügung, so hat er den mit Pflichtteilsrechten belasteten Teil des Nachlasses (riserva) zu beachten. Er darf ausschließlich über den freien Teil der Erbschaft (quota disponible) verfügen.

Das Pflichtteilsrecht ist als sog. echtes Noterbrecht ausgestaltet, d.h. es hat dingliche Wirkung und der Pflichtteilsberechtigte wird unmittelbar am Nachlass beteiligt.

Der Pflichtteilsberechtigte muss sein Recht allerdings mit einer innerhalb bestimmter Fristen mit einer Herabsetzungsklage geltend machen und sich in die Erbengemeinschaft „einklagen“.

Pflichtteilsberechtigt sind der Ehegatte und die Kinder des Erblassers. Hinterlässt der Erblasser keine Abkömmlinge, beträgt die Pflichtteilsquote des Ehegatten 1/2. Ist neben dem Ehegatten ein Kind vorhanden, beträgt die Quote 1/3 zugunsten des Ehegatten und 1/3 zugunsten des Kindes.

4. Erb- und Nachlassverfahren

Das italienische Erbrecht kennt keinen Erbschein (certificato d’eredità).

Wird die Erbberechtigung bestritten, so ist dies nachzuweisen. Bei testamentarischer Erbfolge geschieht dies durch Vorlage des Testaments, bei gesetzlicher Erbfolge durch Nachweis des das Erbrecht begründenden Verwandtschaftsgrades.

Da die Erbengemeinschaft im italienischen Recht nicht schon durch den Anfall der Erbschaft, sondern erst durch die Annahme der Erbschaft begründet wird, ist auch die Annahme der Erbschaft nachzuweisen.

Der Nachweis kann auch durch ein in Deutschland vom Nachlassgericht erteiltes Europäisches Nachlasszeugnis geführt werden.

 V. Erbschaftssteuer (L´imposta sulle successioni)

In Italien gab es lange keine Erbschaftsteuer – zum 1. Januar 2007 wurde sie nun wieder eingeführt.

Da es kein Doppelbesteuerungsabkommen im Bereich Erbschaft- und Schenkungssteuern gibt, kommt eine Besteuerung oder ein Besteuerungsverfahren parallel in Deutschland und in Italien in Betracht.

Es kann also zu einer Doppelbesteuerung kommen.

Wann ist jemand wo steuerpflichtig?

1.) In Italien ist ein Erbe oder Vermächtnisnehmer dann erbschaftssteuerpflichtig, wenn der Verstorbene zum Zeitpunkt des Todes seinen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt (residenza) in Italien hatte.

Hatte der Erblasser seinen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt nicht in Italien, ist Erbschaftssteuer nur auf das in Italien befindliche Vermögen zu bezahlen (sogenannte beschränkte Steuerpflicht).

Dazu zählen insbesondere in öffentlichen Registern eingetragene Vermögenswerte wie bebaute und unbebaute Grundstücke und Schiffe, ggf. aber auch in Italien geführte Bankkonten und Bankdepots.

Wie auch im deutschen Erbschaftsteuerrecht richtet sich die Höhe des Freibetrages nach dem Verwandschaftsgrad

Verwandtschaftsgrad Steuertarif Freibetrag
Engerer Familienkreis (Ehefrau, Eltern, Kinder, Enkel etc.) 4 Prozent 1.000.000 EUR
Seitenlinie (Geschwister) 6 Prozent 100.000 EUR
Seitenlinie (Tante/Onkel, Cousine/Cousin) 6 Prozent /
Andere Personen 8 Prozent /

Zusätzlich gibt es einen weiteren Freibetrag für Erbschaften von Personen mit Behinderung in Hohe von 1.500.000 EUR

Gesonderte Übertragungssteuer

Zusätzlich zu der oben beschriebenen Erbschaftssteuer wird in Italien für Grundstücke eine Übertragungssteuer (Imposta di trascrizione / Imposta potecaria) in Höhe von 1 Prozent sowie eine Katastersteuer (Imposta catastale) in Hohe von 2 Prozent erhoben. Bemessungsgrundlage ist der Verkehrswert der Immobilie ohne Abzug ihrer Verbindlichkeiten.

Die Erbschaft ist in Italien innerhalb von 12 Monaten nach Annahme der Erbschaft gegenüber der zuständigen Erbschaftssteuerbehörde zu erklären.

2.) Zum Umfang der Steuerpflicht in Deutschland, siehe § 2 ErbStG, berate ich Sie gerne.

Die Regeln zu der auf bestimmte Vermögensgegenstände beschränkten Steuerpflicht und für deutsche Staatsbürger, die noch nicht länger als fünf Jahre außerhalb Deutschlands und im Ausland leben, sind recht kompliziert.

Bitte beachten Sie, dass eine Erbschaftsteuerpflicht in Deutschland auch dann besteht, wenn jemand ein Haus oder eine Wohnung in Italien erbt, der zum Zeitpunkt des Erbfalls aber in Deutschland wohnhaft war. Dann muss der Erwerb dieser Immobilie in Deutschland versteuert werden.

Erbt z.B. ein Kind eine Immobilie im Wert von 1 Mio. EUR, so kann dies in Italien – aufgrund der höheren Freibeträge – steuerfrei sein, in Deutschland hingegen nicht (siehe § 19 ErbStG mit geringeren Freibeträgen).

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