Erbrecht in Spanien

und deutsch-spanische Erbfälle

1. Welches Erbrecht gilt?

In deutsch-spanischen Erbfällen richtet sich das anzuwendende Erbrecht sowohl aus deutscher als auch aus spanischer Perspektive nach der Staatsangehörigkeit des Erblassers. Mit der Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit kommt das Recht desjenigen Staates zur Anwendung, dem der Erblasser zuletzt angehörte.

Die spanische Zivilrechtordnung ist allerdings nicht einheitlich. In den autonomen Regionen Spaniens gelten Vorschriften und Rechtsordnungen, die von dem im nationalen spanischen Zivilgesetzbuch kodifizierten Recht abweichen (sog. Foralrechte). Dies ist bei jedem Erbfall zu beachten.

Die Rechtslage ändert sich wegen der EU-Erbrechtsverordnung für Erbfälle nach dem 16.08.2015. Verstirbt jemand nach diesem Zeitpunkt, stellen sowohl Spanien als auch Deutschland auf den letzten gewöhnlichen Aufenthalt („residencia habitual“) ab, Art. 21 EU-Erbrechtsverordnung.

Beispiel 1 (altes Recht):
Ein Spanier lebt in Berlin und verstirbt dort am 01.03.2015. Bislang wurde im Hinblick auf das anzuwendende Erbrecht sowohl aus deutscher als auch aus spanischer Sicht ausschließlich auf die Staatsangehörigkeit abgestellt: Da der Erblasser spanischer Staatsangehöriger ist, gilt spanisches Erbrecht.

Beispiel 2 (neues Recht):
Ein deutscher Staatsangehöriger lebt seit mehreren Jahren in Spanien und verstirbt dort am 17.01.2017. Er hinterlässt kein Testament. Hat der Erblasser auch keine Rechtswahl getroffen, gelten die gesetzlichen Regelungen. Die EU-Erbrechtsverordnung sieht insoweit vor, dass für Erbfälle ab dem 17.08.2015 auf den gewöhnlichen Aufenthaltsort des Erblassers abgestellt wird. Da der Erblasser in Spanien gelebt hat, gilt aus deutscher und aus spanischer Sicht spanisches Erbrecht. Auch ein deutsches Nachlassgericht würde auf den Fall spanisches Erbrecht anwenden.

2. Grundzüge des spanischen Erbrechts

Es gibt einige wesentliche Abweichungen zum deutschen Erbrecht:

Gesetzliche Erbfolge

Die gesetzliche Erbfolge im spanischen Erbrecht stellt sich wiefolgt dar:

a) Vorrangig erben Kinder und ggf. deren Abkömmlinge, Art. 930 CC
b) Es folgen Eltern und Geschwister, Art. 930, 935, 938 CC
c) Der Ehegatte ist nur Erbe „3. Ordnung“, Art. 943, 944 CC

Kinder und ersatzweise für diese berufene Abkömmlinge schließen alle übrigen Verwandten – auch den Ehegatten – von der Erbfolge aus. Sie erben zu gleichen Teilen.

Dem Ehegatten steht statt der Erbquote ein Nießbrauch (lebenslanges Nutzungsrecht) an seiner Quote des Nachlasses zu. Die Höhe der Quote variiert und richtet sich danach, ob der Erblasser Kinder, weitere Abkömmlinge, Eltern oder Geschwister hinterlassen hat, Art. 834 ff. CC. Zu den Einzelheiten berate ich Sie gerne.

Einfluss des ehelichen Güterrechts auf das Erbrecht

Was ein Ehegatte überhaupt zu vererben hat, wird durch das eheliche Güterrecht vorbestimmt.

Im „normalen“ Güterstand des Código Civil, der Sociedad de Gananciales, wird im Laufe der Ehe erworbenes Vermögen zu einer Vermögensgemeinschaft verschmolzen, Art. 1362 CC.  Soweit es nicht um vor der Ehe oder durch Schenkung erworbenes Sondergut geht, Art. 1346 CC, steht den Ehegatten von dieser Vermögensgemeinschaft wirtschaftlich jeweils die Hälfte zu.

Dem Erbrecht unterliegt dann lediglich diese dem verstorbenen Ehegatten zugeordnete Hälfte.

Die Eigenart Spaniens als ein nach Foralrechten gespaltener Mehrrechtsstaat wird vor allem beim ehelichen Güterrecht deutlich: Insgesamt sind sieben lokale Rechtsordnungen zu beachten. Auf den Balearen etwa gilt die Gütertrennung als gesetzlicher Güterstand.

Testament und Erbvertrag
Nach spanischem Recht kann man nur ein Einzeltestamente errichten, nicht aber Erbverträge oder gemeinschaftliche Testamente. Erbvertrag und gemeinschaftliches Testament sind – abgesehen von abweichenden Foralrechtsreglungen – dem spanischen Erbrecht unbekannt und damit unwirksam.

Das spanische Recht kennt mehrere Arten von Einzeltestamenten:

Das eigenhändige Testament (testamento olografo) muss eigenhändig verfasst und unterschrieben und mit dem Datum der Errichtung versehen sein. Das offene Testament (testamento abierto) wird durch einen Notar und drei Zeugen errichtet und vom künftigen Erblasser und den Zeugen unterzeichnet. Das verschlossene Testament (testamento cerrado) wird von dem Erblasser oder einem Dritten geschrieben und dem Notar in Anwesenheit von fünf Zeugen verschlossen überreicht.

Pflichtteil
Der auch im spanischen Recht geltende Grundsatz der Testierfreiheit findet seine Grenze im Pflichtteilsrecht, das in Spanien als sog. Noterbrecht ausgestaltet ist. Anders als nach deutschem Recht erhalten Berechtigte (heredero forzoso) also nicht nur einen schuldrechtlichen Pflichtteilsanspruch, den sie innerhalb einer bestimmten Zeit geltend machen müssen, sondern sie werden unmittelbar („dinglich“) am Nachlass beteiligt.

Der Pflichtteil (la legítima) beträgt für Abkömmlinge 2/3 des gesetzlichen Erbteils. Eltern und Geschwister sind, sofern sie zu gesetzlichen Erben berufen wären, zu 1/2 ihrer Erbquote pflichtteilsberechtigt. Dem Ehegatten darf sein Nießbrauchrecht (lebenslanges Nutzungsrecht) an der ihm zustehenden Nutzungsquote nicht entzogen werden.

Auch beim Pflichtteilsrecht geltend indes die Foralrechte der autonomen Regionen. Zu den Einzelheiten berate ich Sie gerne.

Erbschaftsteuer in Spanien
Mangels Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) auf dem Gebiet des Erbrechts entscheidet das spanische Steuerrecht unabhängig von dem jeweils anzuwendenden Erbrecht, wer in Spanien Erbschaftsteuer zahlen muss.

In Spanien muss der Erbe für Erbschaftsteuern zahlen, wenn er zum Zeitpunkt des Erbfalls seinen gewöhnlichen Aufenthalt („residencia habitual“) in Spanien hatte. Auf den Aufenthaltsort des Erblassers oder Schenkers kommt es nicht an. Fehlt ein gewöhnlicher Aufenthalt, kann sich eine Steuerpflicht für Grundstücke in Spanien, für Konten und Depots bei örtlichen Banken und für bewegliche Gegenstände ergeben, die sich in Spanien befinden.

Das spanische Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz enthielt lange eine Ungleichbehandlung zwischen Spanien nichtansässigen und ansässigen Bewerbern. Der EuGH hat dies mit Entscheidung vom 03.09.2014 (Rechtssache C-127/12) für europarechtswidrig erklärt, so dass in vielen Fällen Erbschaftsteuern zurückgezahlt werden müssen. Die Entscheidung des Gerichts finden Sie hier; der Gesetzgeber hat das Erbschaftsteuergsetz auf die Entscheidung hin zum 01.01.2015 geändert.

Die autonomen Gemeinschaften (z.B. Katalonien) gewähren großzügige Freibeträge und zusätzliche „Bonificaciónes“, wenn Ihnen das Besteuerungsrecht zufällt bzw. der Steuerpflichtige – das ist seit der Reform der Erbschaftsteuer in Spanien seit dem 1. Januar 2015 möglich – für das Recht der autonomen Gemeinschaft optiert (Ley 26/2014 vom 27.11.2014).

Wird die nationale Erbschafts- und Schenkungssteuer Spaniens erhoben, führt dies in der Regel zu wesentlich höheren Belastungen (siehe Tabelle unten).

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns – wir beraten Sie gerne!

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Tabelle 1: Nationale Erbschaftsteuer Spanien (Grundtarif, ohne Freibeträge)

Für jede Wertstufe wird die Steuer gesondert ermittelt und addiert, bis die höchste Stufe erreicht ist. In der höchsten Stufe gilt ein Steuersatz von 34 %.

Sofern eine der nationalen Gemeinschaften („autonomías“ wie Andalusien, Balearische Inseln, Asturias, Katalonien, Navarra) die Erbschaftsteuer oder Schenkungssteuer erhebt, entfällt die nationale Steuer und es fallen ggf. geringere Steuern an.

Erbanfall Steuerbetrag höhere Stufe anwendbarer Prozentsatz
(vom übersteigenden Betrag)
0 0 7.993,46 € 7,65 %
7.993,46 € 611,50 € 15.980,91 € 8,5 %
15.980,91 € 1.290,43 € 23.968,36 € 9,35 %
23.968,36 € 2.037,26 € 31.955,81 € 10,2 %
31.955,81 € 2.851,98 € 39.943,26 € 11,05 %
39.943,26 € 3.734,59 € 47.930,72 € 11,9 %
47.930,72 € 4.685,10 € 55.918,17 € 12,75 %
55.918,17 € 5.703,50 € 63.905,62 € 13,6 %
63.905,62 € 6.789,79 € 71.893,07 € 14,45 %
71.893,07 € 7.943,98 € 78.880,52 € 15,3 %
78.880,52 € 9.166,06 € 119.757,67 € 16,15 %
119.757,67 € 15.606,22 € 159.634,83 € 18,7 %
159.634,83 € 23.063,25 € 239.389,13 € 21,25 %
239.389,13 € 40.011,04 € 398.777,54 € 25,5 %
398.777,54 € 80.855,08 € 797.555,08 € 29,75 %
797.555,08 € 199.291 € 34 %

 

Tabelle 2: Multiplikator, anknüpfend an das Eigenvermögen des Erwerbers
Vorvermögen Steuerklassen I und II Steuerklasse III Steuerklasse IV
bis 402.678,11 € 1,00 1,5882 2,0
402.678,12 € – 2.007.380,43 € 1,05 1,6676 2,1
2.007.380,44 € – 4.020.770,98 € 1,10 1,7471 2,2
über 4.020.770.98 € 1,20 1,7471 2,4