Erbrecht in Portugal

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I. Gilt deutsches oder portugiesisches Erbrecht?

Welches Recht gilt bei Erbfällen, die einen Bezug zu Deutschland und zu Portugal haben?

Dies richtet sich, wenn der Erbfall nach dem 16. August 2015 eingetreten ist, nach Art. 21 Abs. 1 EU-Erbrechtsverordnung Nr. 650/2012 und dem

     letzten gewöhnlichen Aufenthalt

des Erblassers, der im Einzelfall schwierig zu bestimmen sein kann (siehe etwa die Entscheidung Kammergericht, Beschluss vom 26. April 2016 zum Az. 1 AR 8/16, dort die Randnummern 12 ff.).

Abweichend von Art. 21 der Verordnung kann der Erblasser nach Art.  22 EU-Erbrechtsverordnung eine Rechtswahl zugunsten des Erbrechts seiner Staatsangehörigkeit treffen, wenn dieses Recht für ihn günstiger ist und besser zu seiner Nachfolgeplanung passt.

Eine solche Rechtswahl kann auch stillschweigend („konkludent“) per Testament erfolgt sein, auch vor Inkrafttreten der EU-Erbrechtsverordnung (siehe Art. 83).

Auch für einen Deutschen, der in seiner Wahlheimat Portugal verstirbt, würde bei einer solchen Rechtswahl deutsches Erbrecht gelten. Die portugiesischen Gerichte hätten dies zu beachten und deutsches Recht anzuwenden.

Die Rechtswahl hat allerdings keinen Einfluss auf die Frage, in welchen Ländern Erbschaftsteuern zu bezahlen sind. Dies regeln die gesonderten Bestimmungen des nationalen Erbschaftsteuerrechts.

Wichtig ist zudem:

Bei Erbfällen am oder vor dem 16. August 2015 richtet sich das Ergebnis nur nach dem „alten“, nationalen Recht des jeweiligen Landes:

Sowohl nach portugiesischem (Art. 62 i.V.m. Art. 31 Código Civil) als auch nach deutschem Recht (Art. 25 EGBGB alte Fassung) wurde früher und wird für „Altfälle“ ausschließlich auf die Staatsangehörigkeit des Erblassers abgestellt.

Ansprechpartnerin:

Rechtsanwältin Dr. Theresa Rath
Telefon + 49 30 609 82 88 55

II. Einfluss des ehelichen Güterrechts

Das vom Erbrecht unabhängige und diesem vorgelagerte eheliche Güterrecht hat einen erheblichen Einfluss auf die wirtschaftliche Verteilung des Nachlasses.

Grundsätzlich geht der portugiesische Código Civil (CC) von der Vertragsfreiheit im Ehegüterrecht aus, sodass es den Ehegatten weitgehend freisteht, durch Ehevertrag den Güterstand zu bestimmen.

Der gesetzliche Güterstand, der bei Fehlen eines Ehevertrages eintritt, ist der Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft (Comunhão de adquiridos – Art. 1717 ff. CC).

In dieser Errungenschaftsgemeinschaft wird – grob gesagt – dasjenige Vermögen Gemeinschaftsvermögen, das die Ehegatten während der Ehe erwerben (abgesehen von Vermögen, das durch Erbfolge oder Schenkung erworben wird, sowie einigen weiteren Ausnahmen).

Zu den einzelnen „Töpfen“, die bei einer solchen Errungenschaftsgemeinschaft nach portugiesischen Recht entstehen, beraten wir Sie gern.

Der güterrechtliche Ausgleich findet vor der Verteilung des Nachlasses statt.

III. Materielles Erbrecht

1. Gesetzliche Erbfolge

Hat der Erblasser kein Testament hinterlassen, greift die gesetzliche Erbfolge und bestimmt die zu Erben berufenen Personen.

Die gesetzliche Erbfolge in Portugal unterscheidet sich in einigen Punkten deutlich von der in Deutschland.

Als gesetzliche Erben erster Ordnung gelten in Portugal die Abkömmlinge des Erblassers sowie der überlebende Ehegatte. In zweiter Ordnung sind Erben die Vorfahren des Erblassers in gerader Linie sowie der Ehegatte. Erben dritter Ordnung sind die Geschwister des Erblassers und deren Abkömmlinge. Erben vierter Ordnung sind die übrigen Seitenverwandten bis zum vierten Grade; danach erbt der Staat.

Hinterlässt der Erblasser einen Ehegatten, bestimmt sich dessen Erbteil danach, ob er mit weiteren Erben der ersten oder der zweiten Ordnung zusammentrifft.

Neben weiteren Erben der ersten Ordnung erbt der Ehegatte nach Kopfteilen, jedoch mindestens zu 1/4. Neben Erben der zweiten Ordnung erbt der Ehegatte zu 2/3; wenn keine weiteren Erben in gerader Linie vorhanden sind, wird er Alleinerbe.

2. Testament und Erbvertrag

Die Formvorschriften zur Errichtung eines Testaments sind in Portugal deutlich strenger als in Deutschland.

Portugal erkennt die Form des eigenhändigen Testaments, welches vom Erblasser eigenhändig geschrieben und unterzeichnet wird, grundsätzlich nicht an. Stattdessen fordert das portugiesische Recht für die Anerkennung eines eigenhändigen Testaments die verschlossene Form (testamento cerrado, Art. 2206 CC). Dabei wird das Testament vor einem Notar versiegelt. Eine andere Möglichkeit ist die Errichtung eines öffentlichen Testaments (testamento público, Art. 2211 CC).

Gemeinschaftliche Testamente sind in Portugal ungültig, Art. 2181 CC. Dieses Verbot gilt für Portugiesen und diejenigen Personen, die nach der EuErbVO ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Portugal haben. Eine solche Verfügung ist immer dann unwirksam, wenn portugiesisches Erbrecht zur Anwendung kommt. Auch Erbverträge sind nach portugiesischem Recht grundsätzlich unwirksam, Art. 2028 i.V.m. Art. 946 CC.

Eine Ausnahme bilden Verfügungen mittels eines Ehevertrags (convencão antenupcial), welche allerdings nur vor Eheschließung durch die Verlobten abgeschlossen werden können, Art. 1698 CC.

3. Pflichtteil

Das Pflichtteilsrecht ist in Portugal als sog. Noterbrecht (legítima) ausgestaltet, so dass der Pflichtteilsberechtigte eine deutlich stärkere Stellung im Vergleich zum deutschen Pflichtteilsberechtigten erhält. Der Noterbe erhält nach überzeugender Ansicht nicht lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch, sondern eine dingliche Stellung, sodass der Noterbe tatsächlich Erbe und Mitglied der Erbengemeinschaft wird.

Der das Noterbrecht umfassende Nachlassteil ist nicht disponibel. Er darf vom Erblasser nicht belastet werden, kann aber durch den Erblasser abgelöst werden, etwa indem er dem Noterbberechtigten ein Vermächtnis aussetzt.

Noterben sind in Portugal der Ehegatte, die Vorfahren und die Nachkommen. Die Höhe der Noterbteile bestimmt sich nach den Art. 2158 ff. CC.

4. Annahme und Ausschlagung der Erbschaft

Anders als in Deutschland erfolgt kein Vonselbsterwerb der Erbschaft. Die Erbschaft muss durch den Erben aktiv angenommen werden.

Eine Ausschlagung dagegen ist nicht nötig (vgl. Art. 2050 CC). Sie ist jedoch möglich nach den Art. 2062 – 2067 CC, da das portugiesische Erbrecht davon ausgeht, dass mit dem Tode des Erblassers zunächst eine ruhende Erbschaft (herança jacente) vorliegt.

5. Erbschaftssteuerrecht

Die Erbschafts- und Schenkungssteuer wurde in Portugal im Jahr 2003 abgeschafft. Auch die Erbersatzsteuer ist weggefallen.

Allerdings wurde das Stempelsteuergesetz um den Tatbestand der unentgeltlichen Vermögensverfügungen erweitert, sodass alle unentgeltlichen Übertragungsvorgänge steuerpflichtig sind, die sich auf Güter beziehen, die in Portugal belegen sind (Art. 4 Código do Imposto do Selo).

Außerdem gilt die Steuer für weiteres Vermögen, wenn sowohl der Schuldner als auch der Erwerber in Portugal ansässig sind und das Vermögen registerpflichtig ist. Jedoch sind unentgeltliche Vermögensverfügungen zwischen Ehegatten oder gegenüber Abkömmlingen sowie Verwandten in aufsteigender Linie von der Stempelsteuer befreit (Art. 6 lit. e Código do Imposto do Selo). Der Steuersatz bei einer Güterübertragung durch Erbschaft beträgt 10 %.

Das zwischen Deutschland und Portugal bestehende Doppelbesteuerungsabkommen bezieht sich nicht auf Erbschafts- und Schenkungssteuer, sodass ein in Deutschland Erbschaftssteuerpflichtiger auch hinsichtlich des Erwerbs in Portugal Erbschaftssteuer abführen muss (§ 2 ErbStG).

Wir beraten Sie gerne zu allen Einzelheiten Ihres Falles.

Frau Rechtsanwältin Theresa Rath spricht neben ihrer deutschen Muttersprache fließend Spanisch und Portugiesisch.

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Hinweis: Frau Rechtsanwältin Rath ist nicht Partnerin der Swane & Block Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB, sie ist angestellt bei Herrn Torben Swane (Einzelkanzlei).